Home » HdS-News » Ein Haus mit 1.000 Gesichtern

Ein Haus mit 1.000 Gesichtern

SchulklasseÜber Wirkungen und Nebenwirkungen von Schulbesuchen.

„Die Straße führt zu einem großen Haus, Gitter an 2, 3 Fenstern. Das Haus ist grau. An manchen Stellen bröckelt schon der Putz. Vergangenheit liegt in der Luft. Vor dem Eingang erwartet uns ein Mann, Alexander Nitz, ein Leiter des Hauses. Er empfängt uns herzlich. Die Geldtaschen wandern zurück von der vorderen zur hinteren Hosentasche. Erleichterung. Nach und nach trudeln einige Heimbewohner ein. Jeder von uns Schülern darf sich einen herauspicken und mit ihm eine Viertelstunde alleine reden.“

So schildert ein Oberschüler einen Besuch im HdS. Seine Klasse verbrachte wie viele andere ein paar Stunden im Haus der Solidarität (HdS). Im Durchschnitt absolviert die Hausleitung einen Schulbesuch pro Woche – entweder im Haus oder in der Klasse. Für die gesamte Bildungsskala scheint das HdS ein attraktives Lernfeld zu sein: für Kinder von Kindergärten, Volks-, Mittel- und Oberschulen bis hin zu Universitätsstudenten.

Jeder Schulbesuch ist anders: Einmal schildern Gäste ihre Lebensgeschichte, ein anderes Mal erzählen die Schüler den Gästen von ihren Träumen; einmal kochen die Schüler mit den Gästen des Hauses; ein anderes Mal bringen die Kinder eine „Marende“ fürs Haus mit; manche führen Interviews, andere machen ein Jahresprojekt mit dem HdS und wieder andere interessieren sich für die verschiedenen sozialarbeiterischen Konzepte.

Für die Hausleitung sind solche Schulbesuche eine willkommene Abwechslung. Zugleich bringen sie jedoch eine Zusatzbelastung mit sich. Denn jede Schulstunde gilt es vor- und nachzubereiten. Auch sind die dafür notwendigen Zeitfenster zu öffnen. Doch einmal da, sind die Schüler und Studenten sprudelnde Energiequellen, aus
denen Wertschätzung und Wohlwollen herausfließen. Die sichtbare Sympathie der Schüler für das HdS lässt allfällige Enttäuschungen und Rückschläge vergessen.

Doch auch Handfestes fließt zurück: ein Dank in Form einer Presseaussendung, ein Artikel in der Schülerzeitung, eine selbstgestaltete Zeitschrift, ein Facebook-Post. Der eine oder die andere hinterlegt eine Spende. Wieder andere beschließen, als Ehrenamtliche, Praktikanten oder Gäste ihre Erfahrungen im HdS zu vertiefen.

Alle sind um interessante Begegnungen reicher: Die Hausleitung schöpft Kraft, die Gäste des Hauses, die in den Schulbesuchen von sich erzählen, und die in der Gesellschaft häufig an letzter Stelle rangieren, stehen plötzlich im Mittelpunkt; die Schüler lernen etwas über sich, andere Menschen, andere Welten. Häufig kehren sie in ihre eigene Welt zurück mit frischen Anregungen, anderen Anschauungen, neuem Antrieb.

Und es geschehen sogar kleine Wunder – HdS-Wunder: Ein Lehrer entmutigte die Klassengemeinschaft wieder und wieder mit dem Satz: „Ihr habt ohnehin keine Zukunft!“ Nach einem Besuch im HdS antworteten dieselben Schüler auf Facebook: „Es ist ungeheuer wichtig, dass wir nur das tun, was wir wirklich gerne tun. Vielleicht sind wir dann arm, vielleicht haben wir Hunger, vielleicht haben wir kein Auto mehr und müssen in eine schäbige Wohnung ziehen. Aber wir werden auf jedem Fall wirklich leben.“ Und eine zweite: „Der Besuch im HdS heute hat mich sehr berührt. Man muss einfach die Augen offen halten um die Welt so zu sehen wie sie ist und darf sich nicht verschließen.“ Schließlich eine dritte: „Das Leben ist ein Abenteuer, lass es zu und du wirst Neues finden! Danke vielmals für den coolen Tag und der Diskussion.“

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*